#TheEducationMustGoOn – Wieso wir gerade zu Coronazeiten die Erwachsenenbildung stärken müssen
Die Bildung muss weitergehen, denn vor der Krise ist nach der Krise. Die Bildungslandschaft hat sich verändert. Nicht nur in Schulen, sondern auch im Weiter-Bildungsbereich für Erwachsene. Für Arbeitssuchende, also auch Erwerbstätige. Bildungsveranstaltungen können nicht mehr wie gewohnt abgehalten werden. Dies führte im vergangenen Dreivierteljahr zu zahlreichen Absagen von im Bildungsbereich. Teilweise konnten Schulungen auf Onlineangebote umgestellt werden, doch teilweise wird Weiterbildung einfach auf irgendwann verschoben. Doch gerade in Zeiten der (coronabedingten) Disruption darf Bildung nicht einfach abgesagt werden. #TheEducationMustGoOn
Bildungsmotiviert VS coronabedingte Weiterbildungspause
Mal ganz ehrlich:
Inwiefern hast du deine verfügbare Zeit seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 für individuelle Weiterbildung genutzt?
War deine Weiterbildungszeit weit mehr oder doch eher weniger als in Präcoronazeiten?
Und in welcher Form fand deine Weiterbildung statt?
Über Onlinekurse, eher autodidaktisch oder dachtest du gleich daran eine Bildungspause einzulegen bis Corona vorbei ist?
Hast du letztendlich das umgesetzt was du dir vorgenommen hast oder blieb es doch bei gut gemeinten Vorsätzen?
Im Bildungsbereich tauchen hier viele Fragen auf. Zukünftige Studien werden uns im Gesamten betrachtet sicher differenzierte Antworten liefern. Einzelne Studien wie vom WIFI/IMAS zum Thema “WEITERBILDUNG IN CORONA-ZEITEN – WENN SICH DIE ARBEITSWELT VERÄNDERT” geben einen ersten Einblick und weitere Befragungen warten auf ihre Erstveröffentlichung.
Doch in diesem Beitrag möchte ich mit Beobachtungen und persönlichen subjektiven Erfahrungen im Bildungsbereich für Erwachsene beitragen und Impulse für weitere Diskussionen anregen. Meine Argumente in diesem Beitrag sind jedoch nicht quantitativ verankert, sondern spiegeln vielmehr die qualitative Komponente und Bedeutung von Bildung in Pandemiezeiten. #TheEducationMustGoOn – und zwar jetzt, und nicht erst wenn wieder alles vorbei ist, denn das könnte sich langfristig rächen.
Mittendrin im Corona-Bildungsbeben
Der Schwerpunkt meiner beruflichen Tätigkeit ist im Bildungsbereich angesiedelt. Neben (1) Weiterbildungs- und Trainingsmaßnahmen für TrainerInnen und SpitzensportlerInnen bin ich auch als (2) Arbeitspsychologe für Unternehmen im Gesundheitsbereich sowie als Persönlichkeitsentwicklungstrainer in (3) arbeitsmarktpolitischen Projekten tätig. Ausgerechnet bei vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche derzeit arbeitssuchend und ohne Ausbildung sind, droht eine verlorene Generation am Arbeitsmarkt zu entstehen. Generation Z, geprägt durch unverschuldete Langzeitarbeitslosigkeit in den Coronaphasen und Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs. Während viele Unternehmen massenweise Menschen kündigen, setzt die Digitalisierung ihren Siegeszug fort. Niederqualifizierte werden weniger benötigt. Fachkräfte und Höherqualifizierte haben hierbei schon bessere Zukunftschancen. Vollbeschäftigung wird zunehmend zur Illusion.
Aus diesem und auch anderen Gründen beschäftige ich mich neben (1) psychologischen Inhalten auch sehr intensiv mit unterschiedlichen Entwicklungen in den Bereichen der (2) Arbeitsmarktpolitik, (3) Personalpolitik in Unternehmen sowie (4) technologischen und (5) wirtschaftlichen Entwicklungen. Nur um hier ein paar meiner berufsbedingten Interessen aufzuzählen. Mein Bedürfnis ist es komplexe Zusammenhänge zu erfassen um in der Praxis lösungsorientierter agieren zu können.
Lockdown 1.0 – Der Auftragsschock
Es hätte mein bisher bestes Jahr als Selbstständiger werden können. Die Auftragsbücher waren quasi voll und dann kam der coronabedingte Lockdown. Massive Auftragseinbußen für diverse Vorträge, Seminare, Workshops und Wettkampfbetreuungen waren die Folge. Damit verbunden entgingen auch vielen MitarbeiterInnen meiner Auftraggeber bereits eingeplante Weiterbildungen. Teilweise auf irgendwann verschoben und teilweise ungewiss ob dies irgendwann nachgeholt wird.
Dafür hatte ich – ebenso wie viele meiner KollegInnen – aufgrund der epidemiologischen Situation und den vielen offenen Fragen rund um SARS-Cov-2 im März 2020 großes Verständnis. Ich nutzte die Zeit in der Quasi-Quarantäne (Lockdown) um aufgeschobene Projekte voranzutreiben und entwickelte auch neue Projekte, denn mir war damals schon klar, dass das Coronathema nicht zu Ostern beendet sei. Konkrete Planungen waren zu dieser Zeit aufgrund der Unvorhersehbarkeit ja schwierig. Doch was ich auch zeigte, dass plötzlich die Nachfrage nach Webinaren da war und ich mich deshalb auch technisch mit dieser aufgeschobenen Thematik auseinander gesetzt habe.
Webinare – die digitale Bildungsalternative
Im weiteren Verlauf habe ich mich mit der Gestaltung von Webinaren auseinandergesetzt und folgend auch meinen Auftraggebern angeboten. Einige davon nutzten das Angebot, vor allem Webinare zum Thema “Positive Psychologie – Grundlegendes zur Bewältigung der Coronasituation“, welches für Viele angesichts der Gesamtsituation sehr willkommen gewesen war. Doch andere Organisationen blockten mit dem Argument ab: “Wir haben gerade wichtigeres zu tun als psychologische Fortbildung!“
In der Regel waren dies jedoch nicht die Gesundheitskoordinatoren meiner Vertragspartner, sondern die entsprechenden Führungsebenen, welche die Möglichkeiten von Online-Schulungen abgedreht hatten. Höflich und respektvoll, brachte ich auch dafür großes Verständnis auf, da ich gut nachvollziehen kann, dass die Unternehmen aufgrund der Coronasituation einer massiven Disruption ausgesetzt waren, in welcher auch erfahrene Manager mit einem ungewohnt hohen Komplexitätsgrad konfrontiert wurden. In solch komplexen Situationen schleicht sich eine Überforderung rasch ein. Doch genau an diesem Punkt kommt die Bedeutung der Weiter-Bildung ins Spiel.
Die Zeit nach Corona: Nach der Krise ist vor der Krise
Auch wenn wir mitten in der Lockdownphase mit deutlich zu hohen Infektions- und Hospitalisierungszahlen stecken, es wird die Zeit kommen, in welcher die größten Coronawellen vorbei sind und die Anzahl der Corona-Geimpften deutlich ansteigt. Es kommt die Krise nach der Krise. Die Staatsschulden werden bis dahin stark gestiegen sein und die Wirtschaft stark angeschlagen. Die gesundheitlichen, insbesondere die psychischen Folgen, lasse ich vorerst unkommentiert. Gleichzeitig dreht sich die Welt weiter und während Europa (und auch andere Regionen) stark mit den Pandemiefolgen zu kämpfen haben wird, werden andere Staaten wirtschaftlich florieren. So wie auch China, welches nicht nur dank autokratisch eiserner Faust (ob wir das persönlich wollen würden ist wiederum ein Thema für sich) Corona rasch unter Kontrolle gebracht hat und mit starkem wirtschaftlichem Wachstum glänzen wird. Damit verbunden entwickelt China immer mehr Schlüsseltechnologien, insbesondere im digitalen Bereich.
Digitalisierung und Corona
Mein persönliches Lieblingsthema im Feld der Arbeitspsychologie ist die Digitalisierung, für welches ich seit 2016 Weiterbildungsmaßnahmen abhalte. Ein besonderes Kennzeichen der Digitalisierung ist die Disruption, welche durch ihre Unvorhersehbarkeit und Wirkungsstärke ein gesellschaftliches bzw. wirtschaftliches Erdbeben zur Folge haben kann. Was noch vor Monaten oder Wochen als eine Trumpfkarte für die Zukunft galt, kann rasch überholt sein. Um die durch die Digitalisierung entstehende Beschleunigung bestmöglich zu bewältigen ist Bildung der Schlüssel.
Durch die Digitalisierung entstehen spezielle Arbeitsforderungen, welche durch qualitativ hochwertige Bildung besser bewältigbar wird:
- Erhöhte Komplexität
- Hohe Lernfähigkeit
- Hohe Anpassungsfähigkeit
- Umgang mit rasch wechselnden Anforderungen
- Gesundheitliche Belastbarkeit
- Kognitive Belastbarkeit
Dahingehend gilt es folgende Kompetenzen zu erarbeiten:
- Fachliche Kompetenzen
- Wissensarbeit Kompetenzen
- Selbstmanagement Kompetenzen
- Gesundheitskompetenzen
- Soziale Kompetenzen
- Mentale Kompetenzen
Nicht nur Hard Skills, auch Soft Skills
Umso wichtiger ist laufende Weiterbildung in Europa um im technologischen Bereich nicht den internationalen Anschluss zu verlieren. Die Bildung gehört hierbei jedoch nicht nur im Kinder- und Jugendbereich, sondern auch in der Erwachsenenbildung gestärkt. Es geht nicht darum, Balletttänzerinnen zu Cyberexpertinnen umzuschulen, sondern darum ein umfassendes Bildungsangebot zu schaffen, dass sich jeder in seinen Wunschfeldern weiterentwickeln kann. Denn Bildung ermöglicht neue Erfahrungen und motiviert zu neuen Projekten und verstärkt das Potential neuer innovativer Ideen.
Hierbei zählen jedoch nicht nur Hard Skills (z.B. neue Programmiersprache, QM/Auditor-Schiene oder Umgang mit neuen Werkzeugmaschinen) sondern auch Soft Skills (z.B. Mentale Kompetenzen, soziale Kompetenzen, Teamfähigkeit, Selbstmanagement, etc.). Den vor allem Zweiteres ist wesentlich für die Selbstregulation, also der Fähigkeit seine Aufmerksamkeit bewusst zu steuern und zielorientiert zu handeln.
Der Appell: #TheEducationMustGoOn
Trotz der pandemiebedingten Gesamtsituation sollten wir als Gesellschaft nicht die Bildung aus dem Blickfeld verlieren. Denn Bildung ist unsere Zukunft und ein Garant dafür um auch nach der Coronakrise nicht den internationalen Anschluss zu verlieren. Auch wenn es in der derzeitigen Situation primär darum geht die aktuelle Situation rasch zu bewerten, kurzfristige Entscheidungen zu treffen und die Situation bestmöglich zu bewältigen, gilt es auch sich für die Zeit nach Corona zu wappnen. Die Erde dreht sich weiter und auch die Welt entwickelt sich. Bildung MUSS weitergehen. #theeducationmustgoon