Zugegeben, der unerwartete Tod vom Linkin Park Sänger Chester Bennington hat mich kalt erwischt. Seit ich auf der Welt bin, erfahre ich in regelmäßigen Abständen von Todesfällen (welt-) berühmter Musiker und nehme dies mit Bedauern zur Kenntnis. Doch diesmal ist es etwas Anderes. Ich kann nie wieder auf ein Konzert von ihm gehen! In diesem Beitrag möchte ich auf meinen persönlichen Beziehung und Geschichte zu Linkin Park eingehen um dann einen psychologischen Bezug einer seiner Songtexte zu
Bei all meiner persönlichen Kritik der großen Festivals, dass Jahr für Jahr immer wieder dieselben Bands tagein tagaus spielen, ist Linkin Park eine der wenigen Bands aus den Milleniumsjahren, welche ich liebend gerne noch einmal gesehen hätte. Doch nun ist es zu spät. Linkin Park wird nie wieder mit Chester Bennington auftreten. Doch was hat Chester Bennington ausgemacht?
Meine Jugendidentität
Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass Linkin Park meine absolute Lieblingsband zur Blütezeit meiner Jugend war. Nicht wegen irgendwelcher Charts oder anderer Fanbewegungen, sondern weil mich Linkin Parks Musik in meiner Musikerseele tief berührt hat. Es war mein zweites Konzert überhaupt, damals in Wien! Und ich kann ich mich erinnern, dass ich das ganze Konzert über in der allerersten Reihe stand und dem Gequetsche der Massen zum Trotz jede Minute voll genießen konnte. Noch nach dem Konzert stand ich vorne und wartete bis sich das Konzert aufgelöst hat. Die Musik von Linkin Park und Chester´s unaustauschbaren energiereicher tiefverwurzelten Stimme hat dazu geführt, dass meine Hybrid Theory CD einen Fixplatz in meinem fünffach-CD-Wechsler hatte.
An Wochenenden auf den “Festln” im good old Weinviertel war ich am Liebsten ganz in Schwarz mit meinen besten FreundInnen und mit meinem Linkin Park Trikot unterwegs. Und davor stimmte ich mich fleißig mit der Musik von Papa Roach, Guano Apes und eben Linkin Park auf das kommende Partywochenende ein (Bye the way, das waren auch meine ersten drei Konzerte).
Doch wozu schreibe ich das Ganze? Ganz einfach, um zu zeigen, dass ich mich Linkin Park (und eben Chester) durch meine frühe (wilde) Jugend in meinen 16-ern (!) begleitet hat und ich mich insofern mit ihrer Musik identifiziert habe. Deshalb so scheint es, hat mich der plötzliche Suizid von Chester SIEBZEHN Jahre später eiskalt erwischt. Identifikation!
Der unbewusste Vorbote in seinen Songs
Gleich am nächsten Tag habe ich meine Gitarre zur Hand genommen und mir alte Lieder angehört. Und weil ich das meistens so mache auch die Chords auf ultimate-guitar.com downgeloadet. Ich staunte nicht schlecht als ich den Songtext des Liedes “Crawling” mitlas (am besten gleich mithören):
“Crawling in my skin
These wounds they will not heal
Fear is how I fall
Confusing what is real
There’s something inside me that pulls beneath the surface
Consuming
Confusing
This lack of self-control I fear is never-ending
Controlling
I can’t seem
To find myself again
My walls are closing in
Without a sense of confidence
I’m convinced that there’s just too much pressure to take
I’ve felt this way before
So insecure
Crawling in my skin
These wounds they will not heal
Fear is how I fall
Confusing what is real
Discomfort endlessly has pulled itself upon me
Distracting
Reacting
Against my will I stand beside my own reflection
It’s haunting
How I can’t seem
To find myself again
My walls are closing in
Without a sense of confidence
I’m convinced that there’s just too much pressure to take
I’ve felt this way before
So insecure
Crawling in my skin
These wounds they will not heal
Fear is how I fall
Confusing what is real
Crawling in my skin
These wounds they will not heal
Fear is how I fall
Confusing, confusing what is real
There’s something inside me that pulls beneath the surface
Consuming
Confusing what is real
This lack of self-control I fear is never-ending
Controlling
Confusing what is real”
Ich habe es bereits vorgehoben:
“This lack of self-control I fear is never-ending”
“Bennington also commented on the meaning of “Crawling” by stating it was inspired by his own battles with substance abuse. “Crawling is about feeling like I had no control over myself in terms of drugs and alcohol, hence the line ‘These wounds they will not heal…'” (Quelle: Wiki)
Selbstkontrolle und Suizid
Zunächst möchte ich anmerken, dass suizidales Verhalten weitaus komplexer und tiefer verwurzelt ist, als meine folgenden Darstellungen. Ich kannte Chester auch nicht persönlich, daher kann ich nicht beurteilen wie es um seine Selbst-Kontrolle tatsächlich stand und was seinem Suizid zugrundeliegt. Nichtsdestotrotz habe ich seine Songzeile von damals mit aktueller psychologischer Forschung abgeglichen. Wieso? Um ein Bewusstsein für den Zusammenhang von Selbstkontrolle und Suizid zu schaffen.
Self-Control als psychologisches Konzept ist eine Thematik mit welcher ich mich aufgrund meines Studiums (Self-control spielt eine sehr große Rolle in der Psychologie) als auch aufgrund meiner Berufswahl (Self-Control ist auch für SpitzensportlerInnen extrem entscheidend) sehr vertiefend auseinandergesetzt habe. Ob ein Mangel an Self-Control (Anmerkung: self-control wird auch in wissenschaftlichen Abhandlungen auch Synonym mit Selbstregulation, Selbstdisziplin bzw. Willenskraft verwendet) zum Suizid führen kann, darauf möchte ich folgend eingehen.
Ganz ehrlich, viel gefunden habe ich nicht, doch immerhin etwas: Die Fachzeitschrift Deviant Behaviour veröffentlichte 2016 eine Studie von Stacey Nofziger von der University of Akron. In ihrer Studie untersuchte sie die Rolle der Selbstkontrolle auf die Vorhersagekraft von Suizid. Die Studie konnte zeigen, dass ein Mangel Selbstkontrolle unabhängig von Depressionen (wurde dabei teststatistisch kontrolliert) suizidale Tendenzen bei Kindern und Jugendlichen verstärkt. Erwachsene wurden nicht untersucht. Zu diesen suizidalen Tendenzen zählen suizidale Gedanken sowie suizidales Verhalten. Und diese Tendenzen sind häufige Vorboten vom tatsächlichen Selbstmord. Jedenfalls konnte die Studie wesentliche Zusammenhänge zwischen einem “lack of self-control” und Suizid aufzeigen.
Unabhängig davon, zeigte auch eine im Jahr 2011 in der Fachzeitschrift Proceedings Of The National Academy Of Sciences veröffentlichte 30- Jahre lang andauernde Kohortenstudie von Moffit und seinen Kollegen, dass Selbstkontrolle die physische Gesundheit fördert und ein Mangel (engl. “lack”) an Selbstkontrolle die Drogenabhängigkeit erhöht. Vor allem Letzteres traf auch auf Chester Bennington zu, welcher leider mit Drogenproblemen zu kämpfen hatte.
Abschließender Appell
Abschließend möchte ich auch noch anmerken, dass alleine die Kenntniss über die Ursachen von Suizid den Suizid selbst nicht vorbeugt.
Vor allem die Gefahr einer durch Chester´s Suizid (oder anderen Musikern) ausgelösten Identitätskrise bei psychisch instabilen Jugendlichen sollte jedenfalls ernstgenommen werden um Nachahmer vorzubeugen.
Umso wichtiger ist es sich im Fall der Fälle, bei Verdachtsmomenten oder allgemeinen psychischen Belastungen professionelle Hilfe zu holen. Jahrelang ausgebildete Psychotherapeuten oder entsprechende Anlaufstellen sollen helfen um das Schlimmste zu verhindern. Daher mein Apell an dich, achte auf deine Mitmenschen, zeige Ihnen Dankbarkeit und Wertschätzung für Ihr Dasein! Und höre Ihnen zu, wenn Sie sich Dir öffnen!
R.I.P. Chester!!!
Verwendete Quellen:
- Crawling – Linkin Park unter https://en.wikipedia.org/wiki/Crawling_(song) und abgerufen am 24. Juli 2017
- Moffitt, T., Arseneault, L., Belsky, D., Dickson, N., Hancox, R., & Harrington, H. et al. (2011). A gradient of childhood self-control predicts health, wealth, and public safety. Proceedings Of The National Academy Of Sciences, 108(7), 2693-2698. http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1010076108
- Nofziger, S., & J. Callanan, V. (2016). Predicting Suicidal Tendencies Among High Risk Youth With the General Theory of Crime. Deviant Behavior, 37(2), 167-183. http://dx.doi.org/10.1080/01639625.2014.1004029
- Songtext “Linkin Park – Crawling” unter http://www.songtexte.com/songtext/linkin-park/crawling-7bd6964c.html und abgerufen am 24. Juli 2017